Chatten im Internet hat eine lange Geschichte

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So rasant sich die Internet-Technologie in den vergangenen Jahren auch entwickelt hat, so wenig haben sich die Grundpfeiler seit dem 20. Jahrhundert verändert. Online arbeiten und forschen ist gut und schön, aber selbst die arbeitswütigsten User nutzen von jeher eine der vielen Möglichkeiten zum Chatten.

Die Unterhaltung mit Fremden und Freunden war von Anfang an eine der Attraktionen von Online-Diensten. MSN bot seinen Nutzern ab den 90er Jahren Chatrooms an, und der amerikanische Dienst AOL, der im Jahr 1989 seine ersten Chatrooms einrichtete, wurde durch die neun Jahre später in die Kinos gekommene Liebeskomödie „E-M@il für Dich“ weltberühmt. In Nora Ephrons Klassiker treffen sich Meg Ryan und Tom Hanks in einem Chatroom für die Über-Dreißigjährigen und verlieben sich auf die virtuelle Distanz dank regelmäßiger Emails. Dummerweise ahnen sie nicht, dass sie in der realen Welt bittere Geschäftskonkurrenten sind.

 (Quelle: Pixabay)

Der Film traf den Zeitgeist mit seinem Vergleich von kleinen Läden und alles schluckenden Ketten, und dem Gegensatz von der Internet-Nutzerin Meg Ryan und ihrem in seine Schreibmaschine und die Vergangenheit vernarrten Journalisten-Freund.

„E-M@il für Dich“ erschien zu einem Zeitpunkt, als auch in Deutschland PCs vom teuren Produkt für wenige zum Massenprodukt wurden. Rund 4,1 Millionen Internet-Nutzer gab es im Jahr 1997 in der Bundesrepublik. Im Jahr darauf waren es bereits 6,6 Millionen, und im Jahr 2000 war die Zahl auf 18,3 Millionen Nutzer gestiegen. 2019 lag die Zahl bei 62,9 Millionen und damit Dreiviertel der Bevölkerung.

Chatrooms verbanden Fremde weltweit, die sich zu Gruppen zusammentun konnten. Zu finden waren sie fast überall im Netz.

Der soziale Aspekt im Internet war allerdings auch für das langsame Aus der Chatrooms in ihrer ursprünglichen Form verantwortlich. Katalyst war Harvard-Student Mark Zuckerberg, der mit seinem Online-Netzwerk Facebook zuerst die amerikanische Universität und dann die Welt eroberte. Dabei fing er gleich mit etwas an, was Kritiker noch heute als Knackpunkt der weltweiten Abhängigkeit vom Internet ansehen: Zuckerberg umging die Datensicherheit und hackte sich in die Datenbank in seinem Wohnheim, um persönliche Daten und Blider von Kommilitonen herunterzuladen und ins Netz zu stellen.

Die Universitätsleitung nahm die Seite wieder herunter, aber die Idee war nicht mehr aufzuhalten. Der News Feed ab 2006 brachte den endgültigen Durchbruch, und 2010 hatte das soziale Netzwerk Facebook bereits eine Milliarde Seitenaufrufe im Monat. Informationen und Fotos öffentlich teilen, Likes bekommen, aber auch private Chats führen zu können machte die virtuellen Räume der althergebrachten Dienste überflüssig, die daraufhin eingestellt wurden.

Und auch der Kundendienst und die Gamingindustrie wurden revolutiert. Ob es um Reklamationen, Informationen oder Änderungswünsche beim Online-Einkauf geht oder um eine Frage an den Live-Dealer beim online Pokern, Chats mit Personal aus Fleisch und Blut oder mit den häufigsten Antworte programmierten Chatbots machen es möglich.

Private Textnachrichten, Bilder oder Filme können mittlerweile in so gut wie jedem sozialen Online-Medium ausgetauscht werden. Dabei verändert sich die Landschaft ständig, auch was die Vorlieben der Nutzer angeht. Platzhirsch Facebook hält sich trotz aller Kritik an dem Giganten, vor allem was die Verbreitung von „Fake News“ durch Bots angeht, mit 32 Millionen Nutzern, die in der Bundesrepublik jeden Monat aktiv sind, mit an der Spitze. Rund 23 Millionen Deutsche sind sogar jeden Tag im Netzwerk unterwegs.

Twitter mit seinem mittlerweile auf 280 Zeichen verdoppelten Umfang pro Tweet wird von 2,8 Millionen Deutschen Woche für Woche genutzt, und die Hälfte guckt sogar täglich bei Twitter vorbei. Instagram, bei dem ein Bild mehr sagt als tausend Worte, hat 17 Millionen aktive Nutzer pro Monat in Deutschland. Neun Millionen davon sind täglich aktiv.

 (Quelle: Pixabay)

Weil das Handy mittlerweile allgegenwärtig ist, verlegt sich immer mehr Aktivität auf das kleine Wunderteil. Snapchats, die den Vorteil haben, nur für kurze Zeit sichtbar zu sein, sind vor allem bei den jüngsten Nutzern beliebt, die ihre Selfies mit Filtern verändern und Texten versehen.

Die Nummer Eins auf dem Smartphone ist in Deutschland der Messenger-Dienst WhatsApp. Allein seit 2019 ist die Zahl der Nutzer von 42 Millionen auf 58 Millionen gestiegen. WhatsApp erlaubt genau wie Facebook auch Einzelunterhaltungen genauso wie Gruppenchats. Weil die Nachrichten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung besitzen, kann tatsächlich nur noch der Empfänger die Botschaften lesen. Nicht einmal WhatsApp kann die Nachrichten entschlüsseln.

Neu auf dem Markt, aber weltweit ein Hit ist die Video-Konferenz-App Zoom, die virtuelle Besprechungen und Chats von Angesicht zu Angesicht ermöglicht. Wer während der Zoom-Sitzung der Gruppe etwas mitteilen möchte, kann seine Nachricht in die Chatbox tippen, und der Inhalt wird auf dem Bildschirm angezeigt.

Auch die klassischen Business-Dienste LinkedIn und Xing erlauben den Austausch von privaten Nachrichten.

Je bequemer die Online-Unterhaltungen geworden sind, desto schwieriger ist es, der Versuchung zu widerstehen, nur mal kurz nach neuen Feeds und Posts zu sehen oder Freunden eine kurze Nachricht, ein witziges Katzenvideo oder einen Link zu schicken. Damit sich die Nutzungszeit in Grenzen hält, gibt es inzwischen Apps, die das Internet zwischendurch ausschalten, und Apple, Google und Co. haben Funktionen eingerichtet, die angeben, wie lange das Smartphone oder Tablet am Vortag im Einsatz war.

„E-M@il für Dich“ wird noch heute regelmäßig im Fernsehen oder bei Bezahldiensten gezeigt, auch wenn die Hauptpersonen sich heutzutage nicht mehr in einem offiziellen Chatroom treffen würden, sondern sich statt dessen über gemeinsame Interessen auf Twitter, Facebook, Insagram oder einem anderen sozialen Netzwerk virtuell kennenlernen würden. Die Internet-Namen „Shopgirl“ und „NY152“ hingegen wären noch heute gültig. So viel sich verändert hat, so viel ist im Online-Chat seit den Anfängen geblieben.

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